Nachruf auf Carl Osterwald

Der Verein Gedenkstätte KZ Engerhafe e.V. trauert um sein Gründungsmitglied und seinen ersten Vereinsvorsitzenden Carl Osterwald (geb. 2.7.1927 in Münkeboe – gest. 16.12.2024 in Aurich).

Mit Wehmut und Betroffenheit haben wir von seinem Tod erfahren. Carl ist in hohem Alter nach einem erfüllten Leben am 16. Dezember 2024 verstorben.

Er hat unseren Verein geprägt und die Entwicklung der Gedenkstätte in ihrer heutigen Form mit auf den Weg gebracht. Mit seinem Abschied verbinden wir unsere tief empfundene Dankbarkeit für sein Vermächtnis und sein Wirken.

Carl Osterwald war Gründungsmitglied des Verein Gedenkstätte KZ Engerhafe e.V. und der erste Vorsitzende von 2009 bis 2015. Er gewann einflussreiche Fürsprecher für den Verein und trat als bekanntes Gesicht und begnadeter Redner auf. Es war ihm ein persönliches Anliegen, das Leid und die Ungerechtigkeiten des KZ-Außenlagers Engerhafe bekannt zu machen. Dieser Aufgabe widmete er sich voll und ganz.

2011 reiste Carl nach Den Haag, um mit dem Überlebenden des Lagers Don Bamberg (†2013) zu sprechen und zeichnete das Interview als Video auf. Er gründete die „AG Augenzeugengespräche“.  Zeitzeugen aus Engerhafe und Umgebung trafen sich zunächst in einem Gesprächskreis. Sie unterhielten sich auf Plattdeutsch und mit dem Vertrauen wuchs die Bereitschaft, offen über den Nationalsozialismus und das KZ Engerhafe zu sprechen. Das lebenslange Schweigen von vielen wurde erstmals gebrochen und bedeutete für die Betroffenen eine große Erleichterung. Einige dieser Gespräche mit Carl wurden auf Video aufgezeichnet und sind heute ein wichtiger Teil der neuen Dauerausstellung der Gedenkstätte.

Die Auseinandersetzung und Beschäftigung mit dem Nationalsozialismus hatte für Carl zunehmend eine persönliche Dringlichkeit. Er machte es sich zur Lebensaufgabe, persönlich Rechenschaft abzulegen und Jugendlichen über seine Verirrungen in der NS-Zeit zu berichten. Carl war dabei ein mitreißender Erzähler. Carls Schilderungen, wie er durch familiäre und gesellschaftliche Erwartungen und Einflüsse autoritär und nationalsozialistisch geprägt wurde und schließlich selbst zum tötenden Soldaten wurde, bleiben uns in Erinnerung. Er berührte und erschütterte seine Zuhörenden mit seinen anschaulichen Schilderungen, seinem Sprachwitz und seinen Analysen, seinem klaren ethischen Kompass und auch seiner schonungslosen Art sich selbst gegenüber.

Bis an die Grenzen seiner körperlichen Kraft besuchte Carl noch bis Januar 2024 Schulen in ganz Ostfriesland.

Carl wird uns als Mensch, Freund und Mitstreiter schmerzlich fehlen.

Wir sind ihm zu großem Dank verpflichtet und werden sein Wirken für unseren Verein nicht vergessen. Sein Eintreten für die Würde des Menschen möge unser Vorbild sein.

Unser tiefes Mitgefühl gehört seiner Frau Gertrud, seiner Tochter Hilke und seiner ganzen Familie.

Für den Vorstand Erika Hagen, Hans Hammerich, Maike Vüst

Heiko Kiser, wissenschaftlicher Mitarbeiter

Verein KZ Gedenkstätte Engerhafe